Arbeitnehmer muss Dienst-SMS nicht während Freizeit lesen

Veröffentlicht am: 13. Januar 2023|Kategorien: Urteile/Rechtsprechung|

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat in einem Urteil vom 27. September 2022 (Az.: 1 Sa 39 öD/22) entschieden, dass ein Arbeitnehmer während seiner Freizeit keine Dienst-SMS lesen muss.

In dem Fall ging es um spontane Dienstplanänderungen.

Im Wesentlichen ging es um die Frage, ob der Notfallsanitäter in seiner Freizeit auf eine kurzfristige Dienstplanänderung für den Folgetag reagieren musste.
Er war in zwei solchen Fällen telefonisch und per SMS und in einem Fall auch per E-Mail nicht zu erreichen gewesen und meldete sich jeweils wie ursprünglich geplant zu seinen Diensten.

Der Arbeitgeber wertete das Verhalten seines Angestellten als unentschuldigtes Fehlen und mahnte das Verhalten ab. Der Notfallsanitäter lies dies vor dem Arbeitsgericht überprüfen. In der ersten Instanz wurde die Klage abgewiesen. Auf die eingelegte Berufung hin hat das Landesarbeitsgericht (LAG), jedoch zugunsten des Mitarbeiters entschieden.

Der Arbeitgeber musste nach Angaben des LAG damit rechnen, dass der Kläger die ihm geschickte SMS erst mit Beginn seines Dienstes zur Kenntnis nahm. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger verpflichtet, seiner Arbeit nachzugehen und dazu gehöre auch, die in seiner Freizeit bei ihm eingegangenen dienstlichen Nachrichten des Arbeitgebers zu lesen. Das LAG hat festgestellt: „Der Kläger verhält sich nicht treuwidrig, wenn er darauf besteht, in seiner Freizeit keiner dienstlichen Tätigkeit nachzugehen“.

Weiterhin hat das LAG geurteilt:

In seiner Freizeit steht dem Kläger dieses Recht auf Unerreichbarkeit zu. Freizeit zeichnet sich gerade dadurch aus, dass Arbeitnehmer/innen in diesem Zeitraum den Arbeitgeber/innen nicht zur Verfügung stehen müssen und selbstbestimmt entscheiden können, wie und wo sie diese Freizeit verbringen. In dieser Zeit müssen sie gerade nicht fremdnützig tätig sein und sind nicht Bestandteil einer fremdbestimmten arbeitsrechtlichen Organisationseinheit und fungieren nicht als Arbeitskraft. Es gehört zu den vornehmsten Persönlichkeitsrechten, dass ein Mensch selbst entscheidet, für wen er/sie in dieser Zeit erreichbar sein will oder nicht (LAG Thüringen, Urteil vom 16.05.2018 – 6 Sa 442/17 – Juris, Rn. 43).“

 

Quelle:

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. September 2022 (Az.: 1 Sa 39 öD/22)

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