Urteil: Inflationsausgleichsprämie im Spannungsfeld mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz

Veröffentlicht am: 25. Juli 2024|Kategorien: Urteile/Rechtsprechung|

Die anteilige Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie aufgrund von Arbeitsunfähigkeit ist unzulässig. Das entschied das Arbeitsgericht Nienburg in seinem aktuellen Urteil.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer einer Spedition hatte darauf geklagt, dass er eine Inflationsausgleichsprämie, wie alle anderen Arbeitnehmer im Betrieb erhalte.

Ihm wurde keine Inflationsausgleichsprämie (IAP) gezahlt, weil er mehr als 60 Tage arbeitsunfähig war und als LKW-Fahrer nur anspruchsberechtigt sei, sofern auswärtige Übernachtungen angefallen wären.
Aufgrund seines Einsatzes in der Tagschicht war der Kläger nicht Teil von auswärtigen Übernachtungen.

Das Arbeitsgericht Nienburg entschied zugunsten des Klägers und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung der Prämie.

Entscheidungsgründe: Das Gericht sieht hier einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Die Arbeitgeberin habe, so das Gericht, eine sachfremde Schlechterstellung des Klägers vorgenommen.

Nach Ansicht des Gerichts kommt es nicht darauf an, ob der Kläger krank ist oder außerhalb der Nachtschicht arbeitet, da die Inflationsausgleichsprämie von ihrem Zweck aus gesehen dazu gedacht ist, die allgemein höhere Preislage und Kostensteigerung abzufedern.

Es können zwar Differenzierungen einer jeweiligen Zahlung innerhalb einer Arbeitnehmergruppe vorgenommen werden, diese müssten jedoch sachlich gerechtfertigt sein.
Wenn unterschiedliche Leistungen gewährt werden, muss diese stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein, so das Arbeitsgericht.
Die Kriterien, die zur Inflationsausgleichsprämie in den Betrieb aufgestellt wurden, sind nach Auffassung des Gerichts dahingehend nicht ausreichend.
Sie seien nicht dazu geeignet den Zweck der IAP zu erreichen. Vielmehr führten sie zu einer unangemessenen Benachteiligung von Arbeitnehmern.

Es kommt danach nicht darauf an in welcher Position der Arbeitnehmer arbeitet, ob er nur tagsüber fahre oder auswärts übernachten müsse, da er unverändert Arbeitswege hat und danach dergleichen Kostensteigerungen unterliegt.

Auch die Differenzierung nach Arbeitsunfähigkeitsstrategien ist nicht gerechtfertigt.
Die Arbeitsunfähigkeit selbst stellt keinen Differenzierungsgrund dar und ist als sachfremd zu bewerten.
Der Umstand, dass ein Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitpunkt erkrankt war, stellt darüber hinaus auch kein Differenzierungsgrund dar, wenn er zu einem vollständigen Anspruchsausschluss statt zu einer –unter Berücksichtigung des Entgeltfortzahlungsgesetzes- anteiligen Kürzung führt.

Der Kläger hat vor diesem Hintergrund nach Auffassung des Gerichts einen Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie.

Instanzen: Arbeitsgericht Nienburg, Urteil v. 29.02.2024, Az.: 1 Ca 155/23

 

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