Ladendiebstähle nehmen zu – Wie können sich Händler schützen?

Veröffentlicht am: 12. August 2024|Kategorien: Fakten, Lokales, Rheinland-Pfalz, Top News, Uncategorized|
Ladendiebstähle in Rheinland-Pfalz nehmen zu

Interview. Viele Einzelhändler in der Westpfalz beklagen mehr Ladendiebstähle, als in den Vorjahren. Das Handelsjournal Südwest hat deshalb beim Polizeipräsidium Westpfalz sowie beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz nachgefragt.

Handelsjournal Südwest: Wie hoch ist die Diebstahl-Statistik (von 2022 bis heute) im Raum Westpfalz?
PP Westpfalz: „Die Jahreszahlen stammen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des PP Westpfalz und sind in der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. Sie beziehen sich ausschließlich auf den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Westpfalz.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist zwar in beiden Jahren jeweils eine Steigerung zum Vorjahr aus, das Niveau lag aber bislang immer noch unter dem des Jahres 2019. Nachdem die Zahlen in den Jahren 2020 und 2021 deutlich zurückgegangen waren, nähert sich jetzt alles langsam wieder dem Niveau der Vor-Corona-Zeit.“

PP Westpfalz 2022 2023 2024 (1. Halbjahr)
Ladendiebstähle in Zahlen 1.484 1.822 leicht steigende Tendenz
Im Vergleich zum Vorjahr +275 +338 geringfügige Steigerung
(unterer zweistelliger Bereich)
Schadenssumme 109.967 Euro 105.576 Euro

 

Handelsjournal Südwest: Wie sieht die Diebstahl-Statistik für ganz Rheinland-Pfalz aus?

Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz: „Aussagen zur Kriminalitätsentwicklung erfolgen regelmäßig auf der Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Diese ist bundesweit gültig, unterliegt einheitlichen Erfassungskriterien und wird qualitätsgeprüft. Gemäß den bundeseinheitlichen PKS-Richtlinien erfolgt die statistische Erfassung in der PKS mit Abschluss des Ermittlungsverfahrens bei Abgabe an die Staatsanwaltschaft. Die PKS gibt daher keinen Aufschluss über die Anzahl der in diesen Jahren eingeleiteten, sondern vielmehr über die Anzahl der abgeschlossenen Ermittlungsverfahren. Der Zeitpunkt der Erfassung lässt keine Rückschlüsse auf die Tatzeit zu. Diese kann in dem Jahr der statistischen Erfassung oder auch davor liegen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass diese unterjährigen Daten (erstes Halbjahr 2024) unter  dem Vorbehalt noch durchzuführender Datenqualitätsprüfungen stehen.“

 

Handelsjournal Südwest: Wie können sich Händler am besten vor Langfingern schützen?

Polizeipräsidium Westpfalz: „Einen guten Schutz vor Ladendieben bietet erfahrungsgemäß qualifiziertes, im Verkaufsraum erkennbar präsentes und aufmerksames Verkaufspersonal.
Das Personal sollte auch im Umgang mit Ladendieben geschult sein.

Darüber hinaus gibt es bauliche, organisatorische und technische Maßnahmen, die zwar in erster Linie abschreckenden Charakter haben, aber auf jeden Fall helfen können, Ladendiebstähle zu verhindern.“

 

Hier gibt´s die Tipps von den Präventionsexperten:

  • Bauliche Maßnahmen

Durch helle, gut ausgeleuchtete Verkaufsräume – möglichst ohne unübersichtliche Ecken, Winkel oder Pfeiler – wird potenziellen Ladendieben ein Gefühl ständiger Beobachtung vermittelt.

Regale sollten eine Höhe von 1,70 Meter nicht überschreiten und übersichtlich sein.
Kassen oder Filialleiterbüros sollten leicht erhöht positioniert sein.

Die Umkleidekabinen sollten gut einsehbar sein und regelmäßig kontrolliert werden. Hier bietet sich auch eine Zugangskontrolle mit Nummernvergabe (Anzahl Kleidungsstücke) an.

Die Kabinentüren oder Vorhänge sollten 15 bis 20 Zentimeter über dem Boden enden, und in den Kabinen sollten keine Versteckmöglichkeiten gegeben sein (Bilder, Teppiche, etc.).

 

  • Organisatorische Maßnahmen

Diebstahlgefährdete Artikel sollten in Selbstbedienungsläden im Kassenbereich und in Vitrinen platziert werden oder besonders gesichert sein.
Auch das Ausstellen von Hüllen (CD-Hüllen) stellt, ebenso wie die Ware nur mit Bedienung anzubieten, weitere Möglichkeiten dar.
In Bedienungsabteilungen sollte die Ware so gekennzeichnet und verpackt sein, dass es Kunden nicht möglich ist, weitere Artikel dazu zu packen.

Kassenbons, Preisauszeichnungsgeräte oder „Bezahlt“-Aufkleber sollten zum Schutz vor betrügerischen Manipulationen nicht herumliegen. Außerdem sollten Etikette so geprägt sein, dass sie bei einem Ablöseversuch zerreißen.

In besonders diebstahlbetroffenen Geschäftslagen hat sich der Einsatz stationärer oder mobiler gewerblicher Sicherheitskräfte (sogenannte Haus- oder Ladendetektive) bewährt.
Auch ein Kommunikationssystem zwischen Geschäftsleuten bietet eine Möglichkeit, sich untereinander vor Ladendieben, Trickdieben und Scheckbetrügern zu warnen.

 

  • Technische Maßnahmen

Die Sicherungstechnik kann aufmerksames Personal immer nur ergänzen, aber niemals ersetzen – zumal selbst eine aufwändige technische „Aufrüstung“ professionelle Ladendiebe kaum abschreckt.

Spiegel in unübersichtlichen Ecken und Winkeln können dabei helfen, den Verkaufsraum besser zu überblicken. Auch im Bereich der Kassen sind Spiegel sinnvoll, da sie den Blick in und unter den Einkaufswagen gestatten.

Elektronische Artikelsicherungen und Farbsicherungen können ebenfalls vor Ladendiebstählen schützen. Hilfreich ist, zur Abschreckung mit entsprechenden Schildern auf die jeweilige Warensicherung hinzuweisen.

Deutlich sichtbare Kameras und ein Warnschild, dass der Ladenbereich videoüberwacht ist, schrecken ebenfalls ab.

 

Handelsjournal Südwest: Gibt es spezielle polizeiliche Beratungsstellen, welche für die unterschiedlichsten Branchen als Ansprechpartner kontaktiert werden können?

Polizeipräsidium Westpfalz: „Das Beratungszentrum des PP Westpfalz – der Sachbereich 15 / Zentrale Prävention – ist für alle Fragen, wie man sich vor Straftaten schützen kann, oder wie man sich verhält, falls man Opfer wird, der zentrale Ansprechpartner.
In einigen Bereichen arbeitet das Team mit qualifizierten, zum Teil zertifizierten Fachhändlern zusammen, die weitere Beratungen oder Hilfestellungen bieten können.
Wer Fragen hat, kann sich gerne an das Präventionsteam wenden – Telefon: 0631 369-1444, E-Mail: Beratungszentrum.Westpfalz@polizei.rlp.de.“

Wozu rät der Handelsverband Rheinland-Pfalz abschließend?

Handelsjournal Südwest: Herr Dr. Scherer, wie sieht der Handelsverband Rheinland-Pfalz die steigenden Zahlen? Vermuten Sie eine hohe Dunkelziffer bei Ladendiebstählen?

Dr. Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Rheinland-Pfalz:  „Wir raten dazu jeden Fall zur Anzeige zu bringen, denn jede Meldung fließt in die Kriminal-Statistik ein. So erkennt auch hoffentlich die Politik, dass hier Handlungsbedarf besteht. Es darf keine Bagatellisierung von Ladendiebstahl geben und vor allem sollte unsere Polizei weiter ausgebaut werden, damit eine Strafverfolgung noch besser erfolgen kann.“ hv/cb

Text: Pressestelle Polizeipräsidium Westpfalz/Pressestelle Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz/Pressestelle Handelsjournal Südwest/hv/cb; Foto: AdobeStock_335017667)

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