Neuwieder Innenstadt soll attraktiver werden
Neuwieder Bürgerinnen und Bürger, Kundinnen und Kunden der Deichstadt waren gefragt, bei einer Online-Umfrage zur Erstellung eines Einzelhandelskonzepts mitzuwirken. Dabei ging es um die „räumliche Einkaufsorientierung“ (heißt: Wo kaufe ich ein?) und das Einkaufsverhalten sowie um Stärken und Schwächen des Neuwieder Einzelhandels. „Die Beteiligung war rege“, sagt Claudia Auer von der Planungsabteilung des Stadtbauamts, „vielleicht auch, weil man Verbesserungswünsche äußern konnte.“ Die Auswertung der Umfrage ist nun abgeschlossen. Sie ist Teil des im Entwurf vorliegenden Gesamtkonzepts, das Entwicklungsmöglichkeiten für den Neuwieder Einzelhandel aufzeigen soll.
Wichtigste Erkenntnisse: Die einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffer liegt in Neuwied leicht unter dem Durchschnitt der benachbarten Kommunen. Die Auswertung hält fest, dass die räumliche Einkaufsorientierung durch die regionale Wettbewerbssituation – vor allem mit Mülheim-Kärlich – und den Onlinehandel geprägt ist. Zwar hat die Neuwieder Innenstadt noch einen gewissen Stellenwert als Einzelhandelsstandort, wobei sie insbesondere mit Multifunktionalität punkten kann. Ihre Bedeutung ist jedoch rückläufig. Dabei sind sowohl Angebotsdefizite und -qualitäten als auch städtebauliche Missstände aus Sicht der Umfrageteilnehmer hauptsächliche Kritikpunkte. Eine Attraktivierung des Einzelhandels- und Dienstleistungsangebots in der Innenstadt in Verbindung mit städtebaulichen Maßnahmen vor allem zur Sicherung (und Rückgewinnung) der Kundenbindung ist sinnvoll und notwendig.
Und das zeigt die Umfrage im Einzelnen: Waren, die der kurzfristigen Bedarfsdeckung wie Lebensmittel und Hygieneartikel dienen, werden zu über 80 Prozent in Neuwied eingekauft. Dabei erreicht vor allem das Gewerbegebiet Distelfeld mit seinem umfangreichen nahversorgungsrelevanten Angebot die höchsten Anteile. Die Neuwieder Innenstadt erzielt zwar in innenstadtprägenden Bereichen wie Unterhaltungselektronik, Elektrohaushaltsgeräte, Bekleidung, Schuhe, Bücher und Schmuck die höchsten Anteile mit 33 bis 44 Prozent, jedoch werden diese Sortimente überwiegend außerhalb Neuwieds oder online gekauft. Der Onlinehandel erreicht in diesen Sortimenten mittlerweile Anteile bis zu 37 Prozent. Er ist somit für den lokalen Einzelhandel in Neuwied deutlich spürbar.
Rund 40 Prozent der Umfrageteilnehmer sind mindestens einmal wöchentlich in der Neuwieder Innenstadt. Ein Viertel der Umfrageteilnehmer besucht sie seltener als einmal im Monat. Nur 6 Prozent haben angegeben, die Innenstadt eigentlich nie zu besuchen. Einkaufen ist für knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer der hauptsächliche Besuchsgrund der Neuwieder Innenstadt, gefolgt von Arztbesuchen. Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer kommt mit dem Pkw oder Motorrad in die Innenstadt, nur ein geringer Anteil nutzt den Bus. Rund 60 Prozent kombinieren den Besuch der City mit weiteren Aktivitäten. Damit zeigen sich Synergie- und Kopplungseffekte zwischen den verschiedenen Innenstadtnutzungen und unterstreichen die Multifunktionalität der Neuwieder Innenstadt. Bei der Frage, was für einen Einkauf in der Innenstadt spricht, nennen mehr als 80 Prozent die Nähe zum Wohnort. Gute Parkmöglichkeiten und das gastronomische sowie kulturelle Angebot werden von jeweils rund 70 Prozent ebenfalls als Aspekte für einen Einkauf in der Innenstadt Neuwied bewertet.
Die Umfrageteilnehmer haben sich insgesamt jedoch sehr kritisch mit der Neuwieder Innenstadt auseinandergesetzt. Aus deren Sicht besteht grundsätzlich in allen Aspekten Verbesserungsbedarf. Mit insgesamt knapp 90 Prozent hat ein sehr hoher Anteil der Teilnehmer vermisste Angebote genannt. Dabei gehört das Sortiment Bekleidung zu den häufigsten Nennungen, es folgen Sportgeschäft, Spielwaren, Drogerien und Fachgeschäfte. Viele Beiträge beziehen sich auch auf städtebauliche Aspekte wie Fassadengestaltung und Verweilmöglichkeiten sowie Sauberkeit. Viele vermissen zudem einheitliche Öffnungszeiten. Verbessert werden müssten Qualität, Vielfalt und Originalität des Einzelhandels- und Dienstleistungsangebots. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang besonders der hohe Anteil von „Billigläden“, Handy-Shops, Shisha-Bars und Friseuren. Gefragt wurde auch, ob die Corona-Pandemie das Einkaufsverhalten verändert. Knapp zwei Drittel der Umfrageteilnehmer kaufen nun öfter in Läden vor Ort ein, um den lokalen Einzelhandel zu unterstützen. Im Onlinehandel haben rund drei Viertel der Teilnehmer auch vor Corona bereits regelmäßig eingekauft, wobei mehr als 60 Prozent nun häufiger Online-Angebote nutzen.